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  • AutorenbildTine Lange

Warum ich meinem Hund niemals etwas verbiete

Verbote gehören zum Leben dazu, oder? Jein.

Für uns Menschen funktioniert das ab einem bestimmten Alter ganz gut.

Einem Menschen kann ich ganz wunderbar erklären, WARUM er/sie etwas bestimmtes nicht tun sollte. Im Idealfall gebe ich aber auch Menschen eine Alternative.

Als Kinder lernen wir: “Du darfst nicht mit dem Feuerzeug spielen, WEIL das weh tun kann und gefährlich werden kann. Aber schau mal hier, magst du vielleicht dieses Puzzle puzzlen?”


Unsere Hunde können dieses WARUM allerdings niemals verstehen.

Sie können nicht reflektieren. Sie kennen kein Gut und Böse.

Sie verhalten sich entsprechend ihrer Genetik, ihren Bedürfnissen und ihrer Erfahrung.

Wenn ich dem Hund etwas verbiete, ist das eine Erfahrung.

Er speichert ab: “Wenn ich auf dem Schuh kaue, pöbelt mein Mensch mich an, stürmt auf mich zu und packt mich.”

Er speichert NICHT ab: “Auf dem Schuh kauen ist nicht erlaubt, also lasse ich das.”


Verbote sind per Definition Strafe.

Du möchtest ein Verhalten “abstellen”.

Du unterdrückst es. Das funktioniert nur, wenn du deinen Hund bestrafst.


Strafe funktioniert allerdings genauso nach den Gesetzen der Lerntheorie wie Belohnung.

Damit Strafe funktioniert, müsstest du folgende Regeln einhalten:

  • Du musst die Strafe ankündigen.

  • Du musst hart genug strafen.

  • Du musst das Verhalten immer und überall bestrafen.

  • Du brauchst perfektes Timing.


Strafe hat Folgen:


“Mein Mensch ist gefährlich/unberechenbar.”

Du bist die wichtigste Sozialpartner*in für deinen Hund. Und das hat dein Hund sich nicht ausgesucht. Du hast ihn in den Leben geholt und dort muss er nun bleiben, ob er will oder nicht.

Darum liegt es in deiner Verantwortung, dass er sich bei dir wohlfühlt und sich auf dich verlassen kann. Mit Verboten schadest du eurer Bindung und verunsicherst deinen Hund.


Strafe stresst.

Hast du mal ganz genau die Körpersprache deines Hundes beobachtet, wenn du ihm etwas verboten hast?

Sein ängstlicher Blick hat nichts mit Schuldbewusstsein zu tun. Das ist Angst!

Sein Herumhüpfen bedeutet nicht, dass er das lustig findet. Das ist Übersprungverhalten.

Er gähnt und kratzt sich nicht, um abzulenken. Das ist Übersprungverhalten.

Deine Strafe stresst deinen Hund und dieser Stress, dieser Frust, diese Erregung kann zu noch mehr unerwünschtem Verhalten führen.


Dein Hund wird unsicher.

Er weiß nicht, wann die nächste Strafe kommt. Er weiß nicht, was Richtig und Falsch ist. Und so muss er ständig damit rechnen, dass bald die nächste Strafe kommt.

Hattest du schonmal einen Menschen in deinem Leben, der dich regelmäßig gestresst hat? Ein Elternteil, eine Partner*in, eine Chef*in?

Dann kennst du dieses Gefühl. Dauernd auf hab Acht. Dauernd Herzklopfen vor Stress. Dauernd Angst vor dem nächsten “Fehler”.

Dein Hund wird dadurch extrem unsicher. Und unsichere Hunde zeigen mehr unerwünschtes Verhalten, mehr Aggression.


Ein Beispiel: Dein Hund kaut auf deinen Schuhen.

Du sagst “Hey, lass das”, gehst zu ihm, packst ihn und nimmst ihm den Schuh weg.

Dein Hund lernt, dass du echt gruselig und fies wirst, wenn er den Schuh kaut.

Er wird also trotzdem den Schuh kauen, wenn du nicht guckst oder nicht da bist.

Er wird schnell mit dem Schuh abhauen, wenn du kommst, denn so kann er der Strafe entgehen.

Er wird deine Nähe meiden, denn wer weiß, dass du jederzeit zupacken könntest.

Er kann Probleme mit Berührungen entwickeln, denn deine Hand kann echt gruselig sein.


Was du stattdessen tun solltest, wenn dein Hund Schuhe kaut:

Verstaue die Schuhe so, dass dein Hund sie nicht erreicht. Es soll so Dinger geben, die heißen Schuhschränke. Soll wohl ganz gut funktionieren. ;)


Verstehe das Bedürfnis deines Hundes:

Er kaut gern auf stinkendem, festen Stoff herum? Gib ihm etwas ähnliches.

Es gibt tolle stinkende Kauartikel, die große Freude bei den meisten Hunden auslösen. Kauen ist wichtig und du solltest es deinem Hund nicht ganz verbieten. Gib ihm viele verschiedene Kaumöglichkeiten (Spielzeuge, Kauartikel,...).


Wenn er doch mal einen Schuh erwischt:

Nutze ein Signal, was dein Hund gut kennt, zum Beispiel seinen Namen oder seinen Rückruf. Wenn er dich anguckt, zu dir kommt oder den Schuh fallen lässt, feierst du eine Party mit einer super Belohnung. Gib ihm anschließend eine Alternative, zum Beispiel einen Kauartikel.

Achtung: Hier kann sich eine lustige Verhaltenskette bilden: “Ich schnappe den Schuh → Mein Mensch ruft mich und gibt mir einen Kauartikel."

Darum: Verstaue deine Schuhe!


Wenn du ab heute nicht mehr strafen möchtest, dann kannst du jedes unerwünschte Verhalten wie folgt abstellen:

  1. Management: Sorge VORHER dafür, dass das unerwünschte Verhalten so selten wie möglich auftreten kann.

  2. Freundliche Verhaltensunterbrecher: Trainiere ein paar Signale so, dass sie auch bei großer Ablenkung funktionieren.

  3. Finde die richtigen Belohnungen für deinen Hund. Trockene Kekse eignen sich für leichte Übungen. Aber würdest du als Hund einen mega Stinkeschuh für einen trockenen Keks rausrücken? Also ich nicht. ;)


Meine wichtigsten Signale, um unerwünschtes Verhalten zu unterbrechen: Umorientierungssignal, Rückruf, Handtouch, Weiter, Ausgeben.

Alle diese Signale übe ich fast täglich und belohne sie immer mal wieder hochwertig.


Mein Ass im Ärmel für Notfälle: Das Entspannungssignal. Das macht den Hund wieder ansprechbar. Wie du das Entspannungssignal aufbaust und einsetzt, erfährst du in einem zukünftigen Blogartikel oder in meinem Training.


Lass dich nicht entmutigen, wenn mal etwas schief geht. Das gehört zum Leben mit Hund dazu. Wär ja sonst langweilig. ;)

Aber lass dich nicht dazu hinreißen deinen Hund anzupöbeln, zu pieksen oder anderweitig zu drangsalieren. Du zerstörst mit jeder Strafe ein Stückchen eurer Bindung.

Und ich habe schon viel Zeit mit Kund*innen verbracht, diese Bindung wieder Stück für Stück aufzubauen.


Lass den Quatsch mit dem Verbieten und Strafen einfach weg, sodass wir gleich entspannt in das richtige Training einsteigen können.


Schreib mir über das Kontaktformular, wenn du mit mir in dein Training ohne Strafe starten möchtest.

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